Reisebericht 2014

Wenn einer eine Reise tut …

Reisebericht für unsere Mitglieder und alle anderen Interessenten

Wieder einmal hatten sich Vertreter unseres Vereins Seniorenhilfe Kamerun e.V. auf den Weg gemacht, um unsere Partner in Kamerun zu besuchen und weitere Hilfsaktionen vorzubereiten.

Vereinsvorsitzender Alfred T. Hoffmann, sein Stellvertreter Martin Michael Birkholz und Michael Arzt, Projektverantwortlicher, waren vom 30. April bis 9. Mai 2014 unterwegs in Kamerun. Für mich – Michael Arzt – war es der erste Aufenthalt in Kamerun. Und so war ich besonders gespannt auf die bevorstehenden Begegnungen und die direkten Arbeitskontakte mit unserer Partnerorganisation RECEWAPEC. Die Reiseroute führte per Flugzeug von Frankfurt am Main über Istanbul nach der Hauptstadt Kameruns, Yaounde, wo wir von Prince Bengha Ngochia Martin, dem Präsidenten von RECEWAPEC und einigen  Familienmitgliedern begrüßt wurden.

Begrüßung in Yaounde

Begrüßung in Yaounde

Von dort ging es per PKW nach der Hauptstadt der Nord-West-Region Bamenda. Hier nahmen wir im MAWA- Hotel Quartier, welches sich als durchaus gutes Domizil erwies.

Um es vorweg zu nehmen: Der Aufenthalt war dringend notwendig geworden und ist sicher als insgesamt erfolgreich zu bewerten. Er beinhaltete wiederum beeindruckende Begegnungen mit Menschen in Stützpunkten von RECEWAPEC, Gespräche mit Prince Bengha und Mitstreitern sowie die direkte Vorbereitung unseres derzeitigen größten und ehrgeizigsten gemeinsamen Projektes, des Augenoptischen Versorgungszentrums (Eye Care Center) in Bambui.

Ein erster Höhepunkt des Besuches war das große Empfangsmeeting in der neuerbauten Bürgerhalle, an dem neben Einwohnern aus Bambui und umliegenden Orten zahlreiche Vertreter örtlicher Behörden und Kirchen teilnahmen.

Gruppenbild mit Meetingsteilnehmern

Gruppenbild mit Meetingsteilnehmern

Ein speziell für diesen Anlass verfasstes und uns gewidmetes Lied wurde von einer Gruppe junger Menschenso engagiert und mitreißend vorgetragen, dass es selbst uns kaum auf den Plätzen hielt.Auf große Begeisterung stieß die Mitteilung, dass Seniorenhilfe Kamerun e.V. durch die zahlreichenSachspenden  in Deutschland die Ausrüstung für das in Bambui geplante Eye Care Center zu rund 90%beisammen hat.

Im Vorfeld des Meetings hier gab es auch schon die erste Überraschung für uns. Die notwendig gewordene Aufgabe des bisherigen Hauptzentrums von RECEWAPEC (in welchem auch dasEye Care Center ab August diesen Jahres seinen Sitz finden sollte), musste kompensiert werden.

Neuer Stützpunkt von RECEWAPEC

Neuer Stützpunkt von RECEWAPEC

Und wozu wir hierzulande mit Projektierung, Bauvoranfrage und all den anderen notwendigen Formalitätenselbst bei dringend benötigten Investitionsobjekten mitunter recht lange brauchen, wurde dort in kürzester Zeit und auf schnellem örtlichen Verwaltungsweg gelöst:

Ein kleines Gebäude, in dem nun sogar Wasser- und Elektroanschluß die Aktivitäten erleichtert, wurde alsprovisorisches Übergangsobjekt für RECEWAPEC gefunden.

Und in unmittelbarer Nähe beginnt ein zweigeschossiger Neubau zu wachsen, der nicht nur das geplanteEye Care Center aufnehmen wird, sondern in weiteren Räumen zahnärztliche Versorgung, Schulungen und Unterweisung in Pflege und Gesundheitsvorsorge sowiedie Verwaltungstätigkeit unserer Partnerorganisation ermöglicht.

Das privat finanzierte Bauobjekt ist offiziell genehmigt und wird auch durch Architekten und Bauleiter begleitet.Mit ihnen konnten wir auch noch uns notwendig erscheinende kleine Veränderungen, die sich aus dengeplanten Funktionen des Hauses aus fachlicher Sicht ergeben, beraten und vorabstimmen.

Für Zahnarzt oder auch Augenoptiker sollte eben z.B. ein Waschbecken oder die Steckdose einen bestimmtenPlatz im Raum haben, damit technologisch sinnvoll gearbeitet werden kann.

Baustellenbesichtigung

Baustellenbesichtigung

Optimistisch stimmte uns die Lage bezüglich des Personals für das Eye Care Center:

Ich fand in Margaret Bengha, einer in Indien ausgebildeten Augenoptikerin eine engagierte Kollegin vor.So war in Fachfragen eine gute Diskussion möglich, die die weitere Vorbereitung des Eye Care Center– von Ausrüstung mit Geräten, Instrumenten, Maschinen und Werkzeugen, Planung und Beschaffung vonBrillengläsern und –fassungen für den Start und die Anlaufphase des Projekts bis hin zur betriebs-ökonomischen Planung – sehr erleichtern wird. Und nach unseren Recherchen gibt es im Lande weitereausgebildete Fachkräfte, die aber mangels Augenoptikerbetrieben zeitweilig berufsfremde Tätigkeitenverrichten müssen.

Diskussion zu Fachfragen

Diskussion zu Fachfragen

Zentraler Punkt ist nun also die Fertigstellung des Neubaus – das soll nach gegenwärtigen Aussagen von Architekt, Bauleiter und RECEWAPEC  bis Dezember 2014 der Fall sein. Heißt für uns im Klartext: Für die zweite Hälfte Januar 2015 muß der Transport organisiert werden – hier haben wir gegenwärtig Klärungsbedarf, der durch Kontakte z.B. zu Unternehmen in der Hafenstadt Douala erledigt werden soll.

Es ist unmöglich, in einem kurzen Reisebericht die Vielzahl der Begegnungen und Eindrücke wiederzugeben, die unseren Aufenthalt zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließen. Selbst die beiden „alten Hasen“ Hoffmann und Birkholz zeigten sich aufs Neue bei vielen Gelegenheiten überrascht. Wir stimmen aber überein in der grundsätzlichen Bewertung des Inhalts und der Ergebnisse der Reise, von der wir noch folgendes für besonders erwähnenswert halten:

Bei einem Besuch in dem Dorf Rovitang nahe der Stadt Kumbo erfuhren wir Kameruner Witterung pur: Ein kurzer heftiger Regenfall verwandelte die unbefestigten Straßen in schlammige Rutschbahnen, so daß für die weitere Fahrt speziell ein Allrad-Fahrzeug erst herbeigeholt werden musste. Zugleich erlebten wir, dass Zahnarzt und augenoptischer Helfer im Auftrag von RECEWAPEC vom weit abgelegenen Bambui ebenfalls gekommen waren, um ihren Dienst am und für die Ärmsten der Armen zu tun und mit der größten Selbstverständlichkeit Länge und Unbilden des Weges – immerhin über drei Stunden Fahrzeit für eine Strecke – auf sich genommen hatten. Dieser unfreiwillige Zwischenstopp machte uns durch ein Gespräch mit der Leiterin des dortigen RECEWAPEC – Stützpunktes mit dem Wunsch für ein möglicherweise neues Hilfsprojekt bekannt: Zucht von Pilzen für den Eigenverbrauch und den Verkauf auf dem Markt in Kumbo durch die alten Frauen – und die Enkel könnten beim Ernten helfen. In diesem Gedanken steckte so viel an bescheidenen ökonomischen Zielen und zugleich Potential für die Bindung zwischen jung und alt, dass wir geneigt sind, mit den Mitgliedern unseres Vereins über die Unterstützung eines solchen Projekts zu beraten. Zu überlegen wäre, ob wir für ein solches Projekt nach einem Sponsor suchen, der dafür die Patenschaft übernimmt. Zudem halten sich die finanziellen Aufwendungen für den Kauf eines kleinen Stückchen Landes in Gemeineigentum und Zuchtgut etc. mit insgesamt ca. 1500,- € nach unseren Maßstäben in einem überschaubaren finanziellen Rahmen.

Denkbar wäre die Finanzierung auch als ein sogenannter Kleinkredit – wir werden sehen.

Wartezimmer im Freien in Rovitang

Wartezimmer im Freien in Rovitang

Interessant waren für uns auch die Besichtigung eines staatlich geführten Gesundheitsstützpunkts in Bamenda-Mendankwe, welcher mit RECEWAPEC kooperiert, der Besuch im Dorf Bafut und der Empfang dort durch König Abumbi III. in dessen Residenz

Audienz bei Fon Abumbi III.

Audienz bei Fon Abumbi III.

sowie zahlreiche Kontakte mit weiteren Menschen in der Nord-West-Region, darunter zu bereits „alten Bekannten“ von zurückliegenden Reisen. Mehrere Male erwiesen uns auch Prince Bengha und seine Familie ihre zu Herzen gehende unkonventionelle Gastfreundschaft.

Zu den wichtigen Inhalten der diesjährigen Reise zählen Konsultationen mit RECEWAPEC über die weitere Arbeit, Strukturfragen und Organisationsprobleme, die wir auch in unserem Verein noch auswerten müssen. Zudem machte sich unsere direkte Hilfe für unsere Partnerorganisation in Douala bei Hafenbehörden und – unternehmen erforderlich, da es erhebliche Probleme bei unserer letzten Hilfslieferung (Transporter mit Trailer) gab, die sowohl Finanz- wie auch Zollfragen betrafen. Aus diesem Grunde wird auch ein nochmaliger Besuch des Vereinsvorsitzenden im Monat Juli oder August erforderlich sein.

Unsere Heimreise begann per PKW in Bamenda über Nkongsamba nach Douala, wobei wir  die für Kamerun so typischen Klima- und Landschaftsunterschiede erleben konnten. In den Bergen der Nord-West-Region um Bamenda für uns erträgliche Temperaturen und öfter mal ein leichter Wind, in der Hafenstadt drückende Schwüle. Das erleichterte die Fahrten im PKW und die nicht einfachen Verhandlungen nicht unbedingt. Mit dem Auto ging es dann von Douala wieder nach Yaounde zum Flughafen – über sechs Stunden Fahrt, in denen wir genauso wie im beim Rückflug Zeit hatten, unsere Gedanken zu ordnen, geistig eine erste Bilanz zu ziehen.

In den Bergen der Nord-West-Region

In den Bergen der Nord-West-Region

Erfolge und Probleme liegen oft dicht beieinander – und manche Unwägbarkeit, manches für uns nur schwer zu Begreifende an traditionell geprägten Strukturen und Verhaltensweisen mag den Gedanken aufkommen lassen – lohnt sich das alles denn überhaupt ? Ich gestehe, dass mir in einer bestimmten Situation auch so etwas kurz durch den Sinn ging.  Aber wer einmal in einem solchen kleinen Ort wie Rovitang oder Bafut war, dort die Hilfebedürftigkeit der notleidenden Senioren sah, die Dankbarkeit in ausgestreckten Händen und gesprochenen Segenswünschen erlebte und die Hoffnung in den alten Augen sah, der kann wohl kaum aufgeben. Ich jedenfalls nicht.

Michael Arzt